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Handschuhwissen: Harmonisierte Normen im Arbeitsschutz

Arbeitsschutzanbieter wie wir sprechen gefühlt ständig über Normen. Wir nutzen sie grundlegend, um die Leistungen von Handschuhen zu beschreiben. Auch auf der betrieblichen Seite sind Normen und Richtlinien ständige Begleiter der Fachkräfte für Arbeitssicherheit. Bildlich gesprochen sind sie das Gerüst, anhand dessen rechtskonformer Arbeitsschutz entwickelt wird.

Dieser Beitrag geht auf die rechtliche Struktur hinter den Normen ein, nicht auf einzelne Gesetze oder Normen, sondern auf den größeren Zusammenhang. Dieser Zusammenhang ist tatsächlich umfassender, als es auf den ersten Blick scheint, denn die rechtlichen Rahmenbedingungen für Hersteller von persönlicher Schutzausrüstung und die für Arbeitgeber bzw. Arbeitsschutz vor Ort kommen aus verschiedenen Gesetzen, die weitestgehend unabhängig voneinander existieren.

Die beschriebenen Zusammenhänge haben wir in diesem Mindmap visualisiert:

Die Rolle der EU bei harmonisierten Normen

Die "Harmonisierung des Binnenmarktes" ist ein Grundpfeiler der Europäischen Union. Dabei spielen einheitliche Standards für alle Mitgliedstaaten eine zentrale Rolle. Harmonisierte Normen sind ein wichtiges Werkzeug, um gleiche Standards zu schaffen.

Harmonisierte Normen sind Normen, die die unterschiedlichen Normen einzelner Länder ablösen.

Arbeitsschutz ist ein europaweites Thema und dementsprechend auch hoch aufgehängt. Auf der Herstellerseite oder der Seite der Inverkehrbringer ist die EU-Verordnung 2016/425 die grundlegende Verordnung. Über sie haben wir einen eigenen Beitrag verfasst, den Sie hier lesen können. Wichtig ist für diesen Kontext, dass sie an vielen Stellen "harmonisierte Normen" nennt, wenn es darum geht, die Konformität von Schutzausrüstung der Kategorie 2 oder 3 nachzuweisen, zum Beispiel in Artikel 14 oder 24(7c). Welche Normen das sind, nennt die Verordnung nicht. Sie verweist aber auf das Amtsblatt der Europäischen Union, in dem regelmäßig Veröffentlichungen stattfinden.

Beispiel: Eine solche Veröffentlichung ist der Durchführungsbeschluss 2020/668, der die EN 388 als harmonisierte Norm nennt, die geeignet ist, das für mechanische Risiken nötige Schutzniveau des Anhangs II der Verordnung 2016/425 zu überprüfen. Er ist unterzeichnet von der Präsidentin der Europäischen Kommission!

Die Rolle der DIN bei harmonisierten Normen

Eine harmonisierte Norm ist eine Norm, die für europaweit gleiche Standards sorgt, zum Beispiel für mechanische Schutzhandschuhe. Für dieses Thema hat die EU ein eigenes Komitee mit dem Namen CEN/CENELEC gegründet. In die CEN entsendet jedes Mitgliedsland eine Organisation, die dabei hilft, die unterschiedlichen Standards zu "harmonisieren". Für Deutschland ist das die DIN e.V. – das Deutsche Institut für Normung. Die DIN wiederum hat für das Thema PSA einen Normenausschuss gegründet, der sich nochmals in das Gremium "NA 075-05-08 AA Handschutz" unterteilt. Dieses Gremium erarbeitet neue Normen und ist zuständig für die bestehenden Normen.

Zusammenhang zwischen dem PSA-DG & Produktschutzgesetz (ProdSG)

Die EU-Richtlinie über das Inverkehrbringen und die Mindeststandards für persönliche Schutzausrüstung wird durch das PSA-Durchführungsgesetz umgesetzt. Es bestätigt die EU-Verordnung und verweist weiter auf das Produktschutzgesetz (ProdSG). Im Produktschutzgesetz ist geregelt, wann Produkte in Deutschland in Verkehr gebracht werden dürfen. Dabei geht es immer wieder um die Sicherstellung, dass Produkte "sicher" sind und entsprechend der europäischen Vorgaben geprüft werden. Eine Konformitätserklärung ist nichts anderes als die Bestätigung, dass beispielsweise ein Arbeitshandschuh geprüft wurde und diesen Vorgaben entspricht.

Zusammenhang der rechtlichen Strukturen von harmonisierten Normen

Kennzeichnung von Arbeitshandschuhen durch Bewertungsstellen

Dazu gehört auch, dass der Handschuh ordnungsgemäß mit dem Namen des Herstellers, einem CE-Kennzeichen und in vielen Fällen den Piktogrammen der geprüften "harmonisierten Normen" etc. gekennzeichnet ist. Das ProdSG widmet den harmonisierten Normen unter anderem Paragraph 4.

Das ProdSG ist aber auch noch der Schlüssel zu dem anderen Teil der harmonisierten Normen, und zwar den Stellen/Organisationen/Unternehmen, die befugt sind, die Konformität zu überprüfen. Eine sehr bekannte "Bewertungsstelle" ist zum Beispiel der TÜV.

Beispiel am Cygnocut 11 Handschuh gegen mechanische Risiken

Der Cygnocut 11 ist ein Handschuh gegen mechanische Risiken, weshalb für ihn die harmonisierte Norm DIN EN 388/2016 im Rahmen einer Baumusterprüfung angewandt wurde. Der Handschuh erreichte bei der Prüfung die Schutzwerte "4X42B". Da er in mehr als einem Kriterium die Mindestanforderungen erfüllt, muss er mit dem entsprechenden Piktogramm gekennzeichnet werden und wurde erfolgreich zertifiziert. Zusammen mit seiner Konformitätserklärung darf und durfte er als Handschuh der Kategorie 2 in Verkehr gebracht werden.

Die Prüfung anhand harmonisierter Normen ist freiwillig. Deshalb hätte die Baumusterprüfung auch grundsätzlich anhand anderer Prüfkriterien stattfinden können. Das wird in verschiedenen Gesetzestexten betont. Allerdings ist nicht klar, wie eine alternative Prüfung aussehen sollte. Vielmehr sind es die harmonisierten Normen, die für die Konformitätsbewertung immer wieder als passendes Mittel genannt werden. In der Praxis ist es deshalb auch der gelebte Standard, um den im positiven Sinne kein Weg drumherum führt.

Kennzeichnungen auf Schwan Arbeitshandschuhen

Harmonisierte Normen aus Sicht der Arbeitgeber

Arbeitgebern beziehungsweise den von ihnen bestellten Arbeitsschutzbeauftragten begegnen die harmonisierten Normen zum ersten Mal in einer sehr unscheinbaren Form. In der PSA-Benutzerverordnung findet sich folgender kleiner Satz: "… darf der Arbeitgeber nur persönliche Schutzausrüstungen auswählen und den Beschäftigten bereitstellen, die den Anforderungen der Verordnung über das Inverkehrbringen von persönlichen Schutzausrüstungen entsprechen (s. PSA-BV §2 (1) 1.)". Die Folge ist jedoch sehr tiefgreifend, da somit jegliche Verwendung von Schutzausrüstung verboten wird, die nicht den oben ausgeführten Prozess durchlaufen hat und mit Kategorie 1, 2 oder 3 konform ist.

Harmonisierte Normen in der BGR 195

Konkret wird in der BGR 195 die Benutzung von Schutzhandschuhen geregelt. Die BGR 195 ist rechtlich bindend und verweist auf einige der hier erwähnten Gesetze und Richtlinien. Sie legt zum einen fest, dass für jeden Arbeitsplatz eine Gefährdungsbeurteilung erstellt werden muss, und regelt auch grundlegend, wie der Handschutz im Unternehmen organisiert sein soll. In ihrem Anhang 6 benennt sie schließlich DIN-Normen und setzt diese in Zusammenhang mit den Anforderungen, die sich aus der Gefährdungsbeurteilung ergeben können. Die BGR 195 verweist auch noch einmal auf die Volltexte der einzelnen Normen, aber unserer Meinung nach schließt sich mit der BGR 195 der Kreis.

Umsetzung von harmonisierten Normen im Betrieb

Am Ende des Arbeitsschutzgesetzes, der PSA-Benutzerverordnung und der BGR ergibt sich für Sie als Arbeitsschutzbeauftragten ein Auftrag, geeignete Schutzhandschuhe für Ihre Kollegen und Mitarbeiter auszuwählen. Nicht ausschließlich, aber maßgeblich werden sich die Anforderungen an die Handschuhe an den harmonisierten Normen ausrichten, die Ihnen als passendes Mittel an die Hand gegeben werden. Dem gegenüber stehen die Schutzhandschuhe, die anhand des gleichen Standards geprüft und eingestuft wurden. So entsteht ein roter Faden aus den Leitlinien der EU hinunter in Ihren Betrieb, sodass Sie eine rechtskonforme Arbeitsumwelt gestalten können.

Disclaimer: Alle Angaben sind ohne Gewähr! Der Beitrag dient ausschließlich der Information und soll einen Überblick verschaffen. Er ist in diesem Sinne weder vollständig noch strukturell abschließend. Vielmehr sind seine Aussagen bewusst auf die Rolle der harmonisierten Normen beschränkt und teilweise vereinfacht.

Umsetzung der BGR 195

Handschuhwissen - Der Ratgeber von Schwan-Arbeitsschutz

Neben diesem interessanten Beitrag finden Sie weitere Beiträge und hilfreiche Ratgeber auf unserer Ratgeberseite Handschuhwissen. Zum Beispiel erklären wir Ihnen dort, was PSA-Kategorien sind und wie sich diese unterscheiden oder erklären Ihnen, warum schnittfestes Gewebe schnittfest ist. Nutzen Sie gerne den Link, um auf unsere Ratgeber-Übersichtsseite zurückzugelangen. Sollten Sie Fragen oder Anregungen haben, können Sie uns auch gerne kontaktieren.

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